(Berlin) – Die NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg will das Berliner Gasnetz für den Transport von Wasserstoff aufrüsten. Erdgas sei heute mit einem Anteil von rund 65 Prozent zwar die Grundlage für die Wärmeversorgung der Hauptstadt, so das Unternehmen. Rund die Hälfte der zu beheizenden 360.000 Gebäude seien an das Gasnetz angeschlossen und würden direkt mit Erdgas versorgt. Zudem nutzten die Wärmekraftwerke im Berliner Stadtgebiet zu 75 Prozent Erdgas.

Vorstellung der Wasserstoffpläne (v.l.): Maik Wortmeier (NBB-Geschäftsführer), Franziska Giffey (Wirtschaftssenatorin), Georg Friedrichs (Gasag-Vorstand). © NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG

Allerdings sei eine CO2-neutrale Versorgung nur möglich, „wenn Wärme, Gas und Strom intelligent zusammenspielen“, so die NBB, Teil des Berliner Versorgers Gasag AG. Daher seien firmenseitig auch die Vattenfall Wärme Berlin AG, eine Tochter des schwedischen staatlichen Energiekonzerns Vattenvall, beteiligt sowie der Betreiber des 7.700 Kilometer umfassenden Fernleitungsnetzes in Ostdeutschland Ontras Gastransport GmbH mit Sitz in Leipzig. Zudem unterstütze das Land Berlin das Vorhaben.

Anschluss zunächst nur für Großabnehmer

Der Umbau erfolgt in drei Phasen: von den größten zu den kleinsten Netzanschlüssen und von den Transport- zu den Verteilnetzen. Zunächst werde ein Wasserstoff-„Startnetz“ aufgebaut. Dafür rüstet NBB die beiden wichtigsten Trassen – zwei insgesamt 60 Kilometer lange Hochdruckleitungen – von Erdgas auf Wasserstoff um: die aus Richtung Süden kommende Leitung Berlin West, welche insbesondere die Heizkraftwerke in den Stadteilen Wilmersdorf und Charlottenburg miteinander verbindet, sowie die Leitung im Nord-Osten Berlins über den Stadtteil Marzahn bis nach Berlin Mitte.

Wasserstofftransportnetz: Bei den grauen Linien handelt es sich um die Bestandsleitungen für Gas. Dunkles Türkis: H2-Startnetz Berlin (Umwidmung und Neubau, Phase 1). Helles Türkis: Startnetz-Erweiterung (Phase 2). An den Übernahmestationen im Südwesten und Nordosten werden Hochdruckleitungen mit dem Ontras-Netz verbunden. © NBB

Anfangs werden bis 2030 Großverbraucher mit einem Bedarf von mehr als 500 Megawatt bedient und an das entstehende deutsche Wasserstoffnetz (Wasserstoff-Backbone) angeschlossen. Mit dem Aufbau lokaler Wasserstoff-Hubs entlang dieser zwei Trassen ließen sich rund 50 Prozent des heutigen Berliner Gasbedarfs auf Wasserstoff umstellen. Es würden vor allem bestehende Leitungen genutzt. Dies sei zum einen billiger und vermeide zum anderen den Bau neuer Trassen im Stadtgebiet, was wiederum die Umsetzung beschleunige.

Technische Gutachten hätten der Transportleitung im östlichen Berlin bereits im vergangenen Jahr die Wasserstofftauglichkeit attestiert. Einige wenige erforderliche Umbauten seien bereits im Gange. Die Westleitung werde in diesem Jahr geprüft.

Phase 2: Anschluss kleinerer Anlagen

Die zweite Phase beinhaltet die Erweiterung des städtischen Backbones. Zunächst werden Anschlüsse von Großabnehmern mit einem Bedarf von mehr als 30 Megawatt, die nah an den beiden Hochdruckleitungen liegen, angeschlossen.

Bis 2045 sollen Wasserstoff und Biogas den Plänen zufolge das bisher genutzte Erdgas ersetzen. © NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG

Dazu werden weitere 150 Leitungskilometer ertüchtigt. Dies ermögliche den Anschluss von Energieanlagen für kleinere Wärme- und Quartierskonzepte sowie Industriebetriebe. Später kommen weiter entfernt liegende Gebiete hinzu. In dieser Phase könnten bis 2035 laut NBB 60 Prozent der heute in Berlin verbrauchten Gasmenge dekarbonisiert sein. In Wohnquartieren mit hocheffizienten Blockheizkraftwerken lasse sich Wasserstoff auch für die dezentrale Strom- und Wärmeversorgung nutzen.

Zentrale der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg. Das Unternehmen betreibt eines der größten örtlichen Gasverteilnetze in Berlin und Brandenburg sowie in Teilen Sachsens und Sachsen-Anhalts. Die NBB gehört zum Berliner Versorger Gasag AG, der wiederum zu einem Drittel im Besitz von Vattenfall ist. Die Mehrheit der Gasag-Anteil halten der Eon-Konzern sowie der französische Versorger Engie. © Gasag AG

In einer dritten Phase könnten die übrigen Wohn- und Gewerbequartiere an das Wasserstoffnetz angeschlossen werden. Aufgrund der Unwägbarkeiten hinsichtlich politischer und regulatorischer Rahmenbedingungen, der Verfügbarkeit von CO2-freiem Wasserstoff sowie der entstehenden Kosten, legt die NBB den Fokus aber zunächst auf die ersten beiden Phasen.

Die Umstellung einer Gasart auf eine andere ist für die seit fast 180 Jahren mit Gas versorgten Berliner im Übrigen nichts Neues: Bereits 1996 stellte die Gasag das Netz von dem aus Kohlenwasserstoffen (Kohle, Öl, Benzin) hergestellten Stadtgas auf Erdgas um. Aktuell werde der Bedarf in Berlin fast ausschließlich durch fossiles Erdgas gedeckt und erst seit 2010 durch Biogas ergänzt. Auch im Bundesland Brandenburg will die NBB ihr Wasserstoffnetz stufenweise entwickeln und mit dem Wasserstoff-Backbone des Fernleitungsnetzbetreibers Ontras verbinden.

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Gasübergabestation © NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG