(Sizewell / Großbritannien) – Der nordirische Bushersteller Wrightbus hat einen Vertrag mit dem Betreiber des künftigen Kernkraftwerks Sizewell C unterzeichnet. Vorerst wurden vier Fahrzeuge des Typs „Streetdeck-Hydroliner“ geordert. Damit solle geprüft werden, ob sie sich für den Transport von Tausenden von Arbeitern zur und von der Baustelle des geplanten neuen Reaktors in der Nähe von Leiston, Suffolk, eignen würden.

Die vier doppelstöckigen Busse werden voraussichtlich Anfang 2024 ausgeliefert. Wenn das Pilotprojekt erfolgreich verläuft, werde Sizewell C bis zu 150 Busse bestellen und damit eine der größten Wasserstoffbusflotten der Welt aufbauen, teilten die Unternehmen mit.

Die 3,2-Gigawatt-Anlage Sizewell C wolle dazu beitragen, den Weg für den Einsatz wasserstoffbetriebener Geräte auf Großbaustellen zu ebnen. Das Projekt ist Teil eines Konsortiums unter der Leitung des Wrightbus-Schwesterunternehmens Ryze, das von der Regierung mit mehr als drei Millionen Pfund (3,47 Millionen Euro) gefördert wurde, um ein mobiles Wasserstoffbetankungssystem zu testen.

Markt für kohlenstoffarmen Kraftstoff

„Sobald Sizewell C in Betrieb geht, wird es einer der größten Erzeuger von kohlenstoffarmem Strom im Land sein“, sagt Julia Pyke, Joint Managing Director von Sizewell C. „Eine Wasserstoffflotte wird unsere Kohlendioxidemissionen senken und die Auswirkungen des Personaltransports auf die örtlichen Gemeinden verringern. Gleichzeitig freue ich mich, dass wir möglicherweise einen Markt für diesen wichtigen kohlenstoffarmen Kraftstoff im Osten Englands in Gang setzen werden.“

Bei Leiston stehen bereits die Atomkraftwerke Sizewell A, das von Magnox Electric Ltd. betrieben und 2006 nach 40-jähriger Laufzeit abgeschaltet wurde, sowie Sizewell B von Britisch Energy, das bis 2035 Strom erzeugen soll.

Die britische NNB Generation Company Ltd., eine Tochter des französischen Versorgers EDF Energy, soll nun Sizewell C errichten und betreiben, baut außerdem auch „Hinkley Point C“ bei Bristol. Medienberichten zufolge hätten sich die Baukosten für Hinkley Point seit Baubeginn 2015 von 21 Milliarden Euro auf nun bis zu 38 Milliarden Euro erhöht. Die Kosten für Sizewell C werden auf 20 Milliarden Pfund (23 Milliarden Euro) und die Bauzeit auf 17 Jahre geschätzt.

Grafische Darstellung des geplanten Reaktorstandortes Sizewell C (zwei Blöcke, rechts) an der Ostküste Englands; Sizewell B (Mitte) ist noch in Betrieb, Sizewell A (links) wurde 2006 stillgelegt. © gov.uk

Einem Bericht der Berliner „tageszeitung“ (taz) zufolge trage die britische Regierung 50 Prozent der bisher aufgelaufenen Kosten für Sizewell C. Den Rest sollten Investoren abdecken die sich jedoch aufgrund des hohen Risikos, in Atomkraft zu investieren, zurückhielten, so das Blatt. Es gebe Widerstände gegen das Vorhaben, nicht zuletzt unter anderem deshalb, weil der Standort am Meer als korrosionsgefährdet gilt. Auch sorge man sich um die Wasserversorgung in dem trockenen Gebiet, das von sensiblen Naturschutzregionen umgeben ist.

„Westminster verschwendet riesige Summen für nichteffiziente Energielösungen“, zitiert die taz den Kommunalpolitiker Tom Daly. Studien zeigten, „dass ein kontinuierlicher Ausbau von erneuerbarer Energie bis 2050 die Zuwachsziele der Regierung für den Atomstrom übertreffen“ könne, welche die frühere Boris-Johnson-Administration auf 24 Gigawatt festgelegt hatte.

Über den ökologischen Fußabdruck bei Gewinnung und Transport des betriebsnotwendigen Urans sagten die Unternehmen ebenso wenig wie zu der nach wie vor weltweit ungelösten Frage der Endlagerung abgebrannter radioaktiver Brennstäbe.

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Die H2-Doppeldecker von Wrightbus sollen dereinst Arbeiter zur Baustelle des AKW Sizewell C transportierten. © Wrightbus