(Berlin) – In der Regel werden die meisten Katalysatormaterialien mit der Zeit schlechter weil sie altern. „Aber es gibt auch Verbindungen, die im Lauf der Katalyse ihre Leistung steigern können.“ Dies hat eine Gruppe von Wissenschaftlern bei dem purpurroten Mineral Erythrin herausgefunden, eine Verbindung aus Kobalt- und Arsenoxiden. Erythrin eigne sich, um bei der elektrolytischen Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff die Sauerstoffentwicklung an der Anode zu beschleunigen.
Das Team um Marcel Risch am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH (HZB) hat mit einer Forschergruppe aus Costa Rica diese mineralischen Katalysatormaterialien analysiert. Sie stellten ein Pulver aus winzigen Erythrin-Kristallen her und beschichteten damit die Elektroden. Es folgten Untersuchungen vor, während und nach Hunderten von Elektrolysezyklen in vier unterschiedlichen PH-neutralen Elektrolyten, darunter auch Sodawasser. Im Lauf der Zeit hätten die Oberflächen der katalytisch aktiven Schicht in allen Elektrolyten deutliche Veränderungen gezeigt. Sie verloren den Angaben zufolge ihre ursprüngliche Kristallform. Außerdem änderten mehr Kobalt-Ionen ihre Oxidationszahl durch die angelegte Spannung, was elektrochemisch bestimmt wurde. „In Sodawasser, und nur in diesem Elektrolyten, zeigte sich aber auch mit der Zeit eine höhere Sauerstoffgewinnung“, so die Wissenschaftler: „Der Katalysator wurde deutlich besser.“
Per Röntgenabsorptionsspektroskopie tasteten die Wissenschaftler die atomare und chemische Umgebung um die Kobalt-Ionen ab. Ergebnis: „Die aktiveren Proben verloren ihre ursprüngliche Erythrit-Kristallstruktur und wandelten sich in eine weniger geordnete Struktur um, die man als Plättchen mit einer Dicke von nur zwei Atomen beschreiben kann“, heißt es. Je größer diese Plättchen wurden, desto aktiver war die Probe. Die Messungen hätten gezeigt, dass im Lauf der Katalysezyklen die Oxidationszahl des Kobalts in diese Plättchen in Sodawasser am stärksten gestiegen war, nämlich von 2 auf 2,8. „Da Oxide mit Oxidationszahl 3 als gute Katalysatoren bekannt sind, erklärt dies die Verbesserung relativ zu den Katalysatoren, die sich in den anderen Elektrolyten bilden.“
Sauerstoffausbeute verdoppelt
In Sodawasser sei die Sauerstoffausbeute pro Kobalt-Ion zwar um den Faktor 28 über 800 Zyklen gesunken – allerdings änderten gleichzeitig 56 Mal mehr Kobaltatome ihre Oxidationszahl elektrochemisch, fanden die Wissenschaftler heraus. „Makroskopisch steigerte sich die Stromgewinnung und damit die Sauerstoffausbeute der Elektrode auf das doppelte.“
„Das Material wird mit der Zeit zu einem Schweizer Käse mit vielen Löchern und einer großen Oberfläche, an der sehr viel mehr Reaktionen stattfinden können“, erklärt Marcel Risch den Effekt. Selbst wenn mit der Zeit die einzelnen katalytisch aktiven Zentren etwas schwächer würden, kämen durch die größere Oberfläche sehr viel mehr potenzielle katalytisch aktive Zentren in Kontakt mit dem Elektrolyten und steigerten die Ausbeute. Der Teamleiter schätzt, „dass sich solche Mechanismen auch in vielen anderen Materialklassen finden lassen, die aus ungiftigen Verbindungen bestehen, und die zu geeigneten Katalysatoren entwickelt werden können“.
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Helmholtz-Zentrum Berlin / © HZB, M.Setzpfandt
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Erst 1719 wurden verschiedene Proben des seinerzeit auch „Kobold-Blüthe“ genannten Minerals katalogisiert und auch Fundorten zugeordnet. Sie stammten aus verschiedenen Regionen, teils Gruben, unter anderm des Erzgebirges, Schneeberg, Freiberg und St. Veit nahe Wolkenstein in Sachsen; Blankenburg und Saalfeld in Thüringen sowie aus Tschechien. Das Bild zeigt Erytrin auf Quarz aus der Kunstsammlung der Stadt Zwickau / © www.kunstsammlungen-zwickau.de