(Aachen) – Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen entwickelt eine Pilotlinie, in der Brennstoffzellenkomponenten sowohl gefertigt als auch zum fertigen Produkt zusammengefügt werden können. Die „Stacks“, also die Stapel, an denen die Reaktionen vom Wasserstoff zum Wasser und die Stromgewinnung ablaufen, bestehen aus mehreren Hundert eng aufeinandergestapelten Bipolarplatten. Diese sind von einem filigranen System von Kanälen durchzogen, durch die auf der einen Seite der Wasserstoff zugeleitet und auf der anderen Seite das bei der chemischen Reaktion im Stack entstehende Wasser abgeführt wird, erklären die Forscher.
Die Platten sind nur etwa 100 Mikrometer dick und ähnelten „eher einer Folie“. Eine fertige Bipolarplatte bestehe aus einer linken und einer rechten Hälfte, zwischen denen das feine Kanalsystem liege. Beide Hälften müssten sehr präzise miteinander verschweißt werden. Hinzu kämen verschiedene Reinigungsschritte.
Brennstoffzellen-Produktion in Europa ist zu langsam
Die Brennstoffzellen-Produktion ist bislang aufwendig und zu langsam, heißt es in einer Mitteilung des IPT. Die europäische »Hydrogen Strategy« sieht vor, dass Wasserstoff in der Industrie und im Straßenverkehr eingesetzt wird, um Benzin und Diesel zu ersetzen. Doch eine Massenfertigung für die benötigten vielen Millionen Brennstoffzellen gebe es in Europa noch nicht. Derzeit fehle es vor allem an einer geschlossenen Prozesskette, in der gleichsam am Fließband Brennstoffzellen-Komponenten gefertigt und zusammengebaut werden.
Das Team vom Fraunhofer IPT hat nun eigenen Angaben zufolge eine Produktionslinie entwickelt, in der über Greifwerkzeuge (Pick-and-Place-Automaten) „alle Komponenten und die Bipolarplatten so weitergereicht werden, dass sich ein fließender Prozess ergibt“.
Fertigung im Sekundentakt erforderlich
„Wir brauchen durchgängige Fertigungslinien, die im Sekundentakt Komponenten auswerfen und verarbeiten können“, sagt Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer IPT. „Davon ist die Industrie in Europa aktuell noch weit entfernt.“
Vielmehr würden Komponenten heute von verschiedenen Produzenten gefertigt und anschließend zur Brennstoffzelle zusammengebaut. Auch liefen Fertigungsschritte wie Formen, Reinigen, Beschichten oder Fügen der Brennstoffzellen-Bauteile „räumlich voneinander in unterschiedlichen Maschinen-Inseln“ ab. „Alles in allem ergibt sich eine aufwendige Logistik innerhalb der Fertigung“, so Christoph Baum. Teile müssten mehrfach aufgenommen, abgelegt und zwischengelagert werden – „das ist zeitraubend“.
Produktion von der Rolle
Die Automatisierung der Pilotlinie wird vom IPT im Projekt CoBIP (Kontinuierliche Rolle-zu-Rolle Fertigung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen) zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, dem Forschungszentrum Jülich und mehreren Industriepartnern noch weiter entwickelt. Ziel ist eine Anlage, in der die Bipolarplatten in einem Folienstrang von der Rolle verarbeitet werden. Die Folie durchlaufe dann die Maschine „und damit alle Prozessschritte vom Rohling über das Umformen, das Bedampfen und das Reinigen bis zum Fügen mit dem Laser“. Erst ganz zum Schluss werden die Bipolarplatten vom Strang abgeschnitten. „Diese durchgängige Fertigung von der Rolle zum fertigen Stück wird viele Handling-Schritte einsparen“, so die Wissenschaftler.
Die Anlage sei so flexibel konstruiert, dass Industriepartner einzelne Fertigungsmodule nach Belieben austauschen und testen könnten. Eine hohe Taktzahl ließe sich damit erreichen, dass man mehrere Geräte parallel arbeiten lasse oder hintereinander schalte, beispielsweise Laser zum Fügen der Plattenhälften.
„In Europa verfügen wir zwar über viel System-Know-how, um hochwertige Brennstoffzellen herzustellen. Es fehlt aber an Möglichkeiten, Brennstoffzellen in industriellem Maßstab zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren“, sagt Christoph Baum. Die Hürde einer industriellen Produktionsskalierung dürfe nicht unterschätzt werden. „Ähnlich wie bei Batterien ist der Transfer von Systemen aus dem Labor in die Massenproduktion ein aufwändiger Schritt.“
Die neue Pilotlinie wird vom 12. bis 16. April 2021 während der Hannover Messe Digital Edition vorgestellt. In einem Live-Stream berichtet das Fraunhofer IPT gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS und dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU über erste Forschungsergebnisse.
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In der durchgängigen Produktionsanlage am Fraunhofer IPT können Brennstoffzellen-Komponenten künftig im Sekundentakt verarbeitet werden. © Fraunhofer IPT