Karlsruhe. – Im Jahr 2050 wird ein Netz von 140 Tankstellen für Brennstoffzellen-Lkw ausreichen, um deren kompletten Wasserstoffbedarf zu decken. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund neun Milliarden Euro pro Jahr. Zu diesem Ergebnis kommen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI auf Grundlage eines wissenschaftlichen Simulationsmodells.

Demnach stößt der Straßengüterverkehr in Deutschland jährlich etwa 50 Megatonnen CO2 aus, für die Hälfte davon seien die etwa 250.000 schweren Lkw mit einem Gewicht über 26 Tonnen verantwortlich. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müsse der Verkehr bis 2050 nahezu emissionsfrei sein. Eine Möglichkeit zur Dekarbonisierung ist, die konventionell betriebenen Lkw komplett durch Brennstoffzellen-Lkw (BZ-Lkw) zu ersetzen. Dafür würden jährlich etwa 1,3 Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt. Zwar gebe es deutschlandweit bereits mehr als 80 Tankstellen für Brennstoffzellen-Pkw, die meisten davon eigneten sich jedoch nicht oder nur bedingt für Lkw, da sie weder die benötigten Mengen noch eine zügige Betankung sicherstellen können, so das Arbeitspapier. Bei einem komplett ausgebauten Lkw-Tankstellennetz würden die Stationen „relativ gleichmäßig über das Autobahnnetz verteilt“, mit Konzentrationen entlang der Transitrouten sowie in Industrieregionen.

„Bereits bis 2030 sollen die Emissionen von Lkw laut EU-Vorgaben um 30 Prozent gegenüber 2019 sinken“, erklärt Martin Wietschel, der am Fraunhofer ISI das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme leitet. Um die dafür „hilfreiche Nutzung von Brennstoffzellen-Lkw zu ermöglichen“, müsse man schon früh viele Tankstellen aufbauen: Für knapp 50.000 Fahrzeuge im Jahr 2030 seien es bereits 70 teilweise kleinere Wasserstofftankstellen zur räumlichen Abdeckung. Diese zum Wasserstoffabsatz vergleichsweise hohe Tankstellenanzahl zeige, „dass es einen großen Bedarf nach passenden Geschäftsmodellen gibt. Auch die Frage der staatlichen Förderung für Lkw-Wasserstofftankstellen muss zügig geklärt werden“, so Wietschel.

Um den Bedarf zu decken, gebe es zwei Optionen: die zentrale Erzeugung des Wasserstoffs und dessen Transport zu den Tankstellen sowie den Bau von Elektrolyseuren an den Tankstellen selbst, um den Wasserstoff direkt vor Ort zu erzeugen. Bei der zweiten Option empfehlen die Studienautoren eine Überdimensionierung der Elektrolyseure sowie große Wasserstoffspeicher an den Tankstellen. „Auf diese Weise ist die Wasserstofferzeugung günstiger, zudem können die Lkw-Tankstellen aufgrund ihrer Größe und ihres hohen Stromverbrauchs von etwa 65 Terawattstunden pro Jahr die stark fluktuierenden erneuerbaren Energien gut in das Energiesystem integrieren und es so entlasten“, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer ISI. Diese Flexibilisierung spare etwa eine Milliarde Euro pro Jahr. Die Nutzung von grünem Wasserstoff sei unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen.

Deep Link
https://idw-online.de/de/news755553
https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/sustainability-innovation/2020/WP-09-2020_Wasserstoff-Tankstellen_Wi-Gnt-rose.pdf
https://nikolamotor.com/press_releases/cnh-industrial-brands-iveco-and-fpt-together-with-nikola-motor-company-announce-future-nikola-tre-production-in-ulm-germany-72

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Der batteriebetriebene Lkw „Nikola Tre“ des amerikanischen Lkw-Herstellers Nikola Motor Company soll ab 2021 im Rahmen eines Joint Ventures in der Ulmer Iveco-Fabrik gebaut werden. Eine wassestoffbetriebene Variante könnte laut Nikola ab 2023 verfügbar sein. Die Leistung beträgt nach vorläufigen Herstellerangaben 640 PS, die Speicherkapazität bis zu 750 Kilowattstunden. „Nikola One“ und „Nikola Two“ sollen nächstes Jahr auf dem US-Markt verfügbar sein. Mit einer Wasserstofffüllung seien laut Fraunhofer ISI Reichweiten zwischen 1.280 und 1.930 Kilometer möglich / © Nicola Motor Company