Die EU-Kommission hat ihre europäische Wasserstoffstrategie vorgestellt. Demnach soll bis 2050 Wasserstoff „in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist“, eingesetzt werden. Um dies zu erreichen, hat die Kommission die „Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff“ ins Leben gerufen, an der führende Vertreter von Industrie und Gesellschaft, Minister der nationalen und regionalen Ebene und die Europäische Investitionsbank beteiligt sind. Die Allianz werde eine Investitionspipeline für den Ausbau der Erzeugung aufbauen „und die Nachfrage nach sauberem Wasserstoff in der EU fördern“, heißt es.

Wasserstoff könne Sektoren mit Energie versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und die Energie speichern, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen. Dies könne aber nur durch auf EU-Ebene koordinierte Maßnahmen des öffentlichen und privaten Sektors erreicht werden. Langfristig habe Wasserstoff Vorrang, der hauptsächlich mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird. Kurz- und mittelfristig seien jedoch auch andere Formen CO2-armen Wasserstoffs erforderlich, um die Emissionen rasch zu senken „und die Entwicklung eines tragfähigen Marktes zu unterstützen“.

Der Übergang soll in drei Stufen erfolgen. Von 2020 bis 2024 werde die EU die Installation von für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff bestimmten Elektrolyseuren mit einer Elektrolyseleistung von mindestens sechs Gigawatt und die Erzeugung von bis zu einer Million Tonnen erneuerbarem Wasserstoff unterstützen. Derzeit sind nach Kommissionsangaben Elektrolyseure mit einer Leistung von etwa einem Gigawatt installiert.

Von 2025 bis 2030 müsse Wasserstoff „zu einem wesentlichen Bestandteil“ des Energiesystems werden, indem in der EU für die Erzeugung von grünem Wasserstoff Elektrolyseure eine Elektrolyseleistung von mindestens 40 Gigawatt installiert und bis zu zehn Millionen Tonnen erneuerbarer Wasserstoff erzeugt werden. Die Produktion des Gases solle hauptsächlich in lokalen Ökosystemen in der Nähe der Nutzer oder in der Nähe erneuerbarer Energiequellen erfolgen. Von 2030 bis 2050 schließlich solle die Technologien für erneuerbaren Wasserstoff ausgereift sein und in großem Maßstab eingesetzt werden.

Erforderlich sei die Finanzierung einer speziellen Wasserstoffinfrastruktur, die Umrüstung von Gasnetzen, von Projekten zur CO2-Abscheidung sowie Wasserstofftankstellen. Dazu würden Synergien zwischen dem Energie- und dem Verkehrssektor genutzt. Zudem ließen sich mit den Mitteln des EU-EHS-Innovationsfonds, über den im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt etwa zehn Milliarden Euro für die Förderung CO2-armer Technologien gebündelt werden, neuartige Demonstrationsprojekte für innovative wasserstoffbasierte Technologien fördern.

Die Strategie sieht neben Finanzmitteln für Elektrolyseure auch Investitionen in die für die Erzeugung von sauberem Wasserstoff erforderlichen Kapazitäten für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen vor, den Transport und die Speicherung, die Nachrüstung der bestehenden Gasinfrastruktur sowie die CO2-Abscheidung und -Speicherung.

Darüber hinaus wolle die Kommission dazu beitragen, finanziell solide und wirtschaftlich tragfähige Wasserstoffprojekte aufzubauen. Dies könne auch mit Beratung und technischer Unterstützung der Europäischen Investitionsbank oder im Rahmen von „Horizont Europa“ kombiniert werden.

Bisher seien weder erneuerbarer Wasserstoff noch fossiler Wasserstoff mit CO2-Abscheidung gegenüber rein fossil erzeugtem Wasserstoff wettbewerbsfähig. Die Kosten für fossilen Wasserstoff, die in hohem Maße von den Erdgaspreisen abhängen, würden in der EU derzeit bei etwa 1,50 Euro pro Kilogramm liegen. Die geschätzten Kosten für fossilen Wasserstoff mit CO2-Abscheidung und -Speicherung betragen etwa zwei Euro und für erneuerbaren Wasserstoff 2,50 bis 5,50 Euro pro Kilogramm.

Allerdings sänken die Kosten für erneuerbaren Wasserstoff rasch. Die Kosten für Elektrolyseure hätten sich in den letzten zehn Jahren bereits um 60 Prozent verringert und würden sich bis 2030 aufgrund von Skaleneffekten im Vergleich zu heute „voraussichtlich halbieren“. In Gebieten, in denen Strom aus erneuerbaren Energiequellen billig sei, „werden Elektrolyseure im Jahr 2030 voraussichtlich mit fossilem Wasserstoff konkurrieren können.“

Die kumulierten Investitionen in erneuerbaren Wasserstoff könnten sich in Europa bis 2050 auf bis zu 180 bis 470 Milliarden Euro belaufen und eine neue Wasserstoffwertschöpfungskette direkt und indirekt zu Arbeitsplätzen für bis zu einer Million Menschen führen. Bis 2050 könnten 24 Prozent der weltweiten Energienachfrage mit sauberem Wasserstoff gedeckt werden, was einem Jahresumsatz von etwa 630 Milliarden Euro entspreche.

Die Wasserstoffstrategie ist Teil der europäischen Wachstumsstrategie „Green Deal“, die im Dezember vergangenen Jahres verkündet wurde. Damit will Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden.

Deep Link:
https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/hydrogen_strategy.pdf
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_1259
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/QANDA_20_1257

Foto:
EU-Kommission stellt die europäische Wasserstoffstrategie vor: Eric Mamer, Sprecher der Europäischen Kommission, Vize-Chef Frans Timmermans und Energiekommissarin Kadri Simson (v.l.n.r.) / © EU Kommission