(Düsseldorf / Deutschland) – Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall AG hat Pläne vorgestellt, wonach europäische Streitkräfte eigenständig synthetische Kraftstoffe (eFuels) „dezentral und unabhängig von globalen Lieferketten fossiler Energieträger“ selbst produzieren könnten. Das Projekt „Giga PtX“ sehe den Aufbau eines europaweiten Netzwerks mehrerer Hundert modularer e-Fuel-Produktionsanlagen vor. Diese sollen Diesel, Schiffsdiesel oder Kerosin in Mengen von jährlich 5.000 bis 7.000 Tonnen pro Anlage herstellen können. Damit wolle Rheinmetall „die Energieautarkie und Resilienz europäischer Streitkräfte nachhaltig stärken und zugleich einen Beitrag zur Stabilität der kritischen Energieinfrastruktur leisten“.

Visualisierung der Giga PtX-Lösung: Aufbau eines europaweiten Netzwerks mehrerer Hundert modularer eFuel-Produktionsanlagen. Konkrete Angaben zu Standorten werden nicht genannt. © Ineratec GmbH
Um dies zu erreichen, setzt der Konzern auf ein Konsortium deutscher Industriegrößen. Die Dresdener Sunfire SE soll zur Herstellung von grünem Wasserstoff die Druck-Alkali-Elektrolyseure beisteuern. Die Duisburger Greenlyte Carbon Technologies GmbH ist als Lieferant des für synthetische Kraftstoffe erforderlichen Kohlenstoffdioxids vorgesehen. Hinzu kommt Rheinmetalls langjähriger Kooperationspartner Ineratec GmbH aus Karlsruhe, der die Anlagentechnik nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren zur Umwandlung von Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid in synthetische Kraftstoffe zur Verfügung stellt. Die Firma hatte erst kürzlich die eigenen Angaben zufolge „Europas größte Power-to-Liquid-Anlage“ in Frankfurt am Main in Betrieb genommen. Dort werden jährlich bis zu 2.500 Tonnen nachhaltiger Kraftstoff produziert.
Rheinmetall steht „Gewehr bei Fuß“
Rheinmetall selbst fungiere als Generalunternehmer und verantworte neben der Systemintegration auch Konzeption, Bau sowie Wartung und Betrieb „der auf den großskaligen und industriellen Einsatz ausgelegten Anlagen“. Diese könnten kurzfristig realisiert werden, sobald die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen festgelegt seien, so das laut Eigendarstellung „führende internationale Systemhaus der Verteidigungsindustrie“. „Wir sind bereit und können sofort loslegen“, sagt Birgit Görtler, Vice President Sales Hydrogen bei Rheinmetall: „Wir stehen sprichwörtlich Gewehr bei Fuß, um die Kraftstoffresilienz in Deutschland und Europa nachhaltig zu stärken.“

Ende Oktober hat das japanische Öl- und Gasunternehmen Idemitsu Kosan Co., Ltd. in den Entwickler und Hersteller von Power-to-X-Anlagen für die Produktion synthetischer Kraftstoffe Ineratec investiert. © Ineratec GmbH
Die Aufrechterhaltung von Lieferketten für fossilen Kraftstoff werde für die europäischen Staaten im Verteidigungsfall herausfordernd sein, sagt Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG. „Kriegstüchtigkeit“ erfordere eine resiliente Energieinfrastruktur. „Mit den Giga PtX-Anlagen setzen Rheinmetall und seine Partner ein starkes Signal für die industrielle Transformation, den Klimaschutz sowie die sicherheitspolitische Resilienz Europas.“ Details zu Standorten, Kapazitäten oder Kosten und Finanzierung wurden nicht genannt.
Das Militär sei für rund 5,5 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich – und liege damit auf einem Niveau mit dem gesamten Luft- und Schiffsverkehr. Gleichzeitig verfüge Europa mit Sonne, Wind und Wasser über alle Voraussetzungen, saubere Energieträger wie grünen Wasserstoff eigenständig zu produzieren, so einer der Konsortialpartner. „Europäische Elektrolysetechnologie trägt damit nicht nur zur Dekarbonisierung bei, sondern leistet einen unverzichtbaren Beitrag für ein starkes, widerstandsfähiges Europa“, sagt Sunfire-CEO Nils Aldag. Man könnte auch sagen: Wenn schon Krieg, dann umweltfreundlich.
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Rheinmetall AG und Leonardo Rheinmetall Military Vehicles haben Anfang November ein Joint Venture zur Lieferung von 21 Schützenpanzer nach Italien verkündet. © Rheinmetall AG




