(London / Großbritannien) – Die ersten Unternehmen aus der staatlichen Auktion für grünen Wasserstoff „HAR1“ (Hydrogen Allocation Round) haben Förderverträge unterzeichnet und können mit dem Bau ihrer Projekte beginnen. Insgesamt schafften die Vorhaben mit den staatlichen Mitteln mehr als 700 Arbeitsplätze, teilte das federführende britische Energieministerium mit. Bis 2026 würden dadurch zudem mehr als 400 Millionen Pfund an privatem Kapital mobilisiert, hofft das Department for Energy Security and Net Zero (DESNZ).
Im Rahmen der zur Ausschreibung HAR1 im Jahr 2022 eingereichten Projekte kamen zunächst 17 in die Schlussrunde. Zwei Konsortien zogen ihre Bewerbungen zurück. Die verbliebenen 15 wollten eine Elektrolyseurleistung von 243 Megawatt (MW) installieren, vier wurden allerdings abgelehnt. Im Dezember 2023 hatte die Regierung dann elf industrielle Vorhaben mit kumuliert rund 125 Megawatt mit Fördermittel bedacht.

Der Produzent von Hygieneartikeln Kimberly-Clark investiert insgesamt 125 Millionen Pfund, um in seinen Fabriken das bislang verwendete Erdgas zumindest teilweise durch grünen Wasserstoff zu ersetzen, unter anderem in Northfleets Andrex-Produktion, wo Toilettenpapier hergestellt wird. © Kimberly-Clark UK & Ireland
Die Projekte würden den Angaben zufolge die britische Industrie bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf im Inland produzierten kohlenstoffarmen Wasserstoff unterstützen, um die Emissionen zu reduzieren. Beispielsweise werde das alte Kohlekraftwerk High Marnham in Newark mittels Wasserstoff zu einem Zentrum für saubere Energie ausgebaut. Das Cromarty Hydrogen Projekt im Nordosten Schottlands will mit dem Wasserstoff aus einem 3,5-Megawatt-Elektrolyseur lokale industrielle Nutzer versorgen, darunter Brennereien. Der Hersteller von Hygieneartikeln Kimberly-Clark investiert gemeinsam mit dem Wasserstoffproduzenten Hyro Power und Carlton Power Ltd. insgesamt 125 Millionen Pfund (143 Millionen Euro), um in zwei Fabriken das bislang verwendete Erdgas zumindest teilweise durch grünen Wasserstoff zu ersetzen (wir berichteten). Die Elektrolyseleistungen in der folgenden Auflistung sind Planungsgrößen.
- Barrow Green Hydrogen (21 MW): Carlton Power entwickelt neben der Kleenex-Fabrik von Kimberly Clark in Barrow-in-Furness (Grafschaft Cumbria) eine Wasserstoffproduktion, um das bislang genutzte Erdgas teilweise zu substituieren.
- Bradford Low Carbon (24,5 MW): Hygen und N-Gen Energy entwickeln in Bradford, Yorkshire, eine grüne Wasserstoffproduktion zur Nutzung im Mobilitätssektor. Kunden sind unter anderem der irische Busbauer Wrightbus und der Baumaschinenkonzern JCB.
- Cromarty Hydrogen Project (10,6): Scottish Power und Storegga nutzen in Caithness, Sutherland und Easter Ross im Nordosten Schottlands nahe gelegene Windparks, um Wasserstoff für die lokale Industrie und Whiskeybrennereien herzustellen.
- Green Hydrogen 3 (10,6 MW): Hyro baut in Northfleet eine Elektrolyse, die mit grünem Strom im Rahmen eines Abnahmevertrages (PPA) betrieben wird, um eine Papiermühle zur Produktion von Hygienetüchern von Kimberley-Clark zu unterstützen.
- HyMarnham (9,3 MW): JG Pears & GeoPura bauen eine Elektrolyse in Newark, Nottinghamshire, zur Nutzung des Wasserstoffs in einer Abfallbeseitigungsanlage.
- Langage Green hydrogen (7,0 MW): In South West Devon (Plymouth) entwickelt Carlton Power eine Elektrolyse zur Nutzung von Wasserstoff als Prozessgas durch die im Langage Energy Park ansässigen Unternehmen zur Substitution von Erdgas.
- Tees Green Hydrogen (5,2 MW): Das Projekt in Redcar (Teesside) von EDF und dessen Tochter Hynamics wird Windkraft nutzen, um mit Wasserstoff nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF Sustainable Aviation Fuel) herzustellen.
- Trafford Green Hydrogen (10,5 MW): Carlton Power baut in Stretford / Urmston (Großraum Manchester) eine Elektrolyse, deren Ertrag an die lokale Industrie ausgeliefert werden soll.
- West Wales Hydrogen (14,2 MW): Morgen Energy und Trafigura entwickeln in Milford Haven, Wales, eine Anlage zur Wasserstoffproduktion, deren Ertrag lokale Kunden zur Dekarbonisierung ihrer Fertigungen abnehmen.
- Whitelee Green Hydrogen (7,1): Scottish Power baut in Kilmarnock / Loudoun, südlich von Glasgow in Schottland, einen Elektrolyseur, um mittels Strom aus der von der spanischen Konzernmutter Iberdrola SA entwickelten Whitelee-Windfarm Wasserstoff zu produzieren, der an lokale Brennereien und Logistikunternehmen verkauft werden soll.
Noch nicht gelistet ist das Vorhaben HyBont (5,2 MW) der japanischen Marubeni-Tochter Marubeni Europower, das in Wales bei Bridgend errichtet werden soll. Hier kommt es zu Verzögerungen, nachdem das Bridgend County aufgrund von Budget-Engpässen seine finanzielle Unterstützung zurückgezogen hatte, ohne indes das Projekt zunächst grundsätzlich infrage zu stellen. Die Regierung von Wales hatte später als übergeordnete Instanz das Vorhaben gestoppt, diese Entscheidung dann aber aufgrund des „ausschließlich lokalen Interesses“ wieder aufgehoben und alles Weitere dem County überlassen, berichtete die „BBC“.
Für HAR2 sind 27 Kandidaten in der Shortlist
Im April dieses Jahres hatte die britische Regierung nach einer zweiten Ausschreibung für Wasserstoffprojekte (HAR2, Second Hydrogen Allocation Round) 27 Bewerber für die Shortlist ausgewählt, die mit dem Energieträger Herstellungs- und Industrieverfahren dekarbonisieren wollen (wir berichteten).
Im Juni hatte die britische Regierung überdies Mittel in Höhe von 500 Millionen Pfund (587 Millionen Euro) für regionale Wasserstofftransport- und Speichernetzwerke angekündigt, um das Wachstum eines „erneuerbaren Großbritanniens“ zu fördern und weitere Investitionen in Industriezentren freizusetzen, so das Energieministerium
Das DESNZ hatte zudem jüngst eine Konsultation der Wasserstoffwirtschaft gestartet, um das Potenzial für die Beimischung von Wasserstoff in das britische Gasnetz zu untersuchen. Man möchte herausfinden, ob die Einspeisung des Energieträgers in lokale und überregionale Netze sowie in das Hochdruckübertragungsnetz (National Transmission System, NTS) einen strategischen und wirtschaftlichen Wert bieten könnte (wir berichteten).
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EDF entwickeln im britischen Redcar in der Region Teesside eine Wasserstoffproduktion. Der mittels Windkraft hergestellte Energieträger soll an die lokale Industrie ausgeliefert werden. Der Elektrolyseur ist laut EDF auf 300 Megawatt skalierbar. Die EDF Group hat sich in diesem Jahr auch für die zweite Wasserstoffauktion (HAR2) qualifiziert und steht auf der „Short List“. © EDF