(Bonn, Berlin / Deutschland) – Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat das von den Fernleitungsnetzbetreibern vorgeschlagene Wasserstoffkernnetz mit einer Leitungslänge von 9.040 Kilometern genehmigt. Es habe „kleinere Anpassungen“ gegeben. So wurden nur Leitungen genehmigt, die für die Transportaufgabe notwendig seien. Davon werden rund 60 Prozent von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt und 40 Prozent neu installiert. Dies sei „der Startpunkt für den Aufbau einer deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur“, sagt Behördenchef Klaus Müller.

Das deutsche Wasserstoffkernnetz umfasst vorerst gut 9.000 Kilometer Leitungen. Rund 60 Prozent sind Umstellungen von bereits bestehenden Gasleitungen. Gestrichelte Linien: Neubau. © Bundesnetzagentur

Mit der Genehmigung könnten die Netzbetreiber nun schrittweise die Infrastruktur für Wasserstoff errichten und betreiben. Erste Leitungen würden ab dem nächsten Jahr umgestellt. Alle Anlagen sollen sukzessiv bis 2032 in Betrieb gehen und deutschlandweit die künftigen Wasserstoffcluster miteinander verbinden. Darin bündelten sich regionale und lokale Projekte, etwa in Industrie- oder Gewerbeparks. Im weiteren Verlauf würden Nachbarstaaten angebunden.

Neben den 15 Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) seien auch zehn Verteilnetzbetreiber am Kernnetz beteiligt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) betrage 2032 die Einspeiseleistung 101 Gigawatt und die Ausspeiseleistung 87 Gigawatt. Dies biete nach Angaben der Fernleitungsnetzbetreiber Gas e.V. (FNB Gas) Potenzial für den Transport von 278 Terawattstunden klimaneutralen Wasserstoffs.

In den letzten beiden Netzentwicklungsplänen Gas 2020 und 2022 hätte die FNB bereits Marktabfragen für Wasserstofferzeugung und -bedarf durchgeführt sowie Leitungen zur Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff identifiziert. In die Pläne seien Modelle zur Entwicklung des Netzes eingearbeitet worden.

Im Frühjahr 2023 beschloss die Bundesregierung die Errichtung eines Wasserstoffkernnetzes mit dem Ziel, deutschlandweit die wesentlichen Produktions-, Import- und Verbrauchspunkte zu verbinden. Im Juli 2023 veröffentlichten die Netzbetreiber ihren Planungstand. Dieser wurde diskutiert und modifiziert.

Entwicklung der Planungen seit 2023. © Bundesnetzagentur

Im November 2023 wurde der Antragsentwurf für das Wasserstoffkernnetz von den FNB bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Im Zuge der folgenden Konsultationen überarbeitete die Organisation den Antrag, fügte in einigen Regionen einzelne Leitungen hinzu und nahm anderswo Leitungen heraus. Die Weiterentwicklung der Infrastruktur erfolge nunmehr im Rahmen der regelmäßig zu erstellenden „Netzentwicklungsplanung Gas und Wasserstoff“, so die BNetzA. Laut Bundeswirtschaftsministerium soll zum 31. Mai 2025 der erste dieser Netzentwicklungspläne von einer neu eingerichteten Koordinierungsstelle erarbeitet und bis zum 30. Juni 2026 von der Bundesnetzagentur bestätigt werden.

Start für neue Energieinfrastruktur

„Mit dem genehmigten Kernnetz schaffen wir Planungssicherheit für alle Beteiligten – angefangen von den Wasserstofferzeugern im In- und Ausland über die Betreiber von Kraftwerken und Speichern bis hin zu den künftigen industriellen Nutzern“, sagt Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck. „Das Kernnetz ist der Startpunkt für eine neue Infrastruktur und zentraler Baustein der Energiewende.“

Da ein Großteil der künftigen Wasserstoffnachfrage in Deutschland über Importe gedeckt werde, seien 13 Grenzübergangspunkte in europäische Nachbarländer vorgesehen. Die Fernleitungsnetzbetreiber planten, bis 2032 insgesamt 18,9 Milliarden Euro zu investieren. Zunächst würden nun vor allem Erdgasleitungen auf Wasserstoff umgestellt und in Betrieb genommen, die nicht mehr für den Erdgastransport benötigt würden.

Die Leitungen des Kernnetzes sollen gemäß eines Erlasses der BNetzA von Juni privatwirtschaftlich gebaut und betrieben sowie durch die Entgelte der Nutzer finanziert werden. Da es jedoch am Anfang relativ wenige Abnehmer gebe, könnten die Investitionskosten noch nicht voll umgelegt werden – daher würden die Netzentgelte gedeckelt. Ein Amortisationskonto sorge dafür, dass die Mindereinnahmen der ersten Phase durch spätere Mehreinnahmen ausgeglichen würden. Mit Ausnahme der von Bund und Ländern geförderten IPCEI-Leitungsprojekte (Important Project of Common European Interest) flössen keine Bundesmittel in die Kernnetzleitungen – das Finanzierungskonzept enthält aber eine finanzielle Absicherung des Bundes gegen unvorhersehbare Entwicklungen.

FNB: „Hochlauf aktiv vorantreiben“

„Der Aufbau des H2-Marktes ist nun eine Gemeinschaftsaufgabe“, sagt Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender FNB Gas: „Alle Akteure sind gefordert, ihrerseits den Hochlauf aktiv voranzutreiben.“ Hierzu brauche es gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage förderliche Rahmenbedingungen, um private Investitionen entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette auszulösen. Die dem FNB Gas angeschlossenen Mitglieder betreiben zusammen ein rund 40.000 Kilometer langes Leitungsnetz.

Das genehmigte Wasserstoffkernnetz einschließlich aller Maßnahmen ist auf der Website der Bundesnetzagentur veröffentlicht.

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Die Bundesnetzagentur hat jetzt das Wasserstoffkernnetz in Deutschland genehmigt. Im September haben, wie berichet, künftige europäische Betreiber von Wasserstoff-Fernleitungsnetzen der Europäischen Kommission und der „European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators“ (ACER) Entwürfe vorgelegt, um das „European Network of Network Operators for Hydrogen“ (ENNOH) formell als Verein zu gründen. © ACER