(Brüssel / Belgien) – Die EU-Kommission hat ein drittes Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) zur Förderung der Wasserstoffinfrastruktur genehmigt. Das Vorhaben soll die Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff voran bringen und damit die Abhängigkeit von Erdgas verringern. „Hy2Infra“ wurde von Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen, Portugal und der Slowakei gemeinsam vorbereitet und angemeldet.
12 Milliarden Euro für neue H2-Projekte
Die sieben Mitgliedstaaten werden bis zu 6,9 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln bereitstellen. Diese wiederum sollen 5,4 Milliarden Euro an privaten Investitionen freisetzen, insgesamt also über zwölf Milliarden Euro. Beteiligt sind 32 Unternehmen mit Aktivitäten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die 33 Projekte bearbeiten.
Deutsche Unternehmen beteiligen sich mit rund 3,4 Milliarden Euro an 24 Projekten der „Hy2Infra“-Welle. Von der Bundesregierung und den jeweiligen Bundesländern kommen nochmals Fördermittel in Höhe von rund 4,6 Milliarden Euro. Somit beträgt das Gesamtinvestitionsvolumen in Deutschland etwa acht Milliarden Euro.
Für alle Projekte, mit Ausnahme einer Offshore-Pipeline, für die das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Förderung komplett übernimmt, werden 70 Prozent der Mittel durch den Bund und 30 Prozent durch die jeweiligen Bundesländer bereitgestellt. Die Projekte in Deutschland sollen maßgeblich zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie beitragen.
Internationale Kooperation
Die teilnehmenden Unternehmen werden im Rahmen zahlreicher Kooperationen eng zusammenarbeiten, aber auch mit externen Partnern wie Übertragungsnetzbetreibern, potenziellen Abnehmern, Universitäten, Forschungseinrichtungen und Ausrüstungslieferanten in ganz Europa. Geplant sind
- großtechnische Elektrolyseure zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff mit einer Leistung von 3,2 Gigawatt
- der Bau von neuen und wiederverwendeten Wasserstofftransport- und -verteilungsleitungen mit etwa 2.700 Kilometer Länge
- die Entwicklung großer Wasserstoffspeicher mit einer Kapazität von mindestens 370 Gigawattstunden
- der Bau von Umschlagterminals und der dazugehörigen Hafeninfrastruktur für flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC), um 6.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr umzuschlagen
Mehrere Projekte sollen bereits in naher Zukunft umgesetzt werden, wobei verschiedene große Elektrolyseure zwischen 2026 und 2028 sowie Pipelines je nach geografischem Gebiet zwischen 2027 und 2029 in Betrieb gehen. Die Gesamtfertigstellung aller Vorhaben ist für 2029 geplant.
Die „Hy2Infra“-Teilnehmer verpflichten sich, ihr Wissen mit der breiteren Öffentlichkeit zu teilen, insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungseinrichtungen. Zudem werden sie zur Entwicklung grenzüberschreitender Betriebsvorschriften und zur Behebung der von der Europäischen Allianz für sauberen Wasserstoff festgestellten Normungslücken beitragen.
Bausteine für ein Wasserstoffnetz
Alle 33 Projekte des IPCEI seien „sehr ehrgeizig“, heißt es in der Bewertung der Kommission, da sie auf die Entwicklung einer Infrastruktur abzielten, die über das hinausgingen, was der Markt derzeit biete. „Während sich die Lieferkette für erneuerbaren Wasserstoff in Europa noch im Anfangsstadium befindet, wird Hy2Infra die ersten Bausteine eines integrierten und offenen Netzes für erneuerbaren Wasserstoff bereitstellen“, sagt Kommissonsvizepräsidentin Margrethe Vestager. Diese IPCEI werde „die ersten regionalen Infrastrukturcluster in mehreren Mitgliedstaaten schaffen und den Boden für künftige Verbindungen in ganz Europa im Einklang mit der europäischen Wasserstoffstrategie“ bereiten: „Dies wird den Markthochlauf der Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff unterstützen und uns dem Ziel näher bringen, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen“, so die Politikerin.
„Hy2Infra“ stützt sich auf zwei Säulen:
- Aufbau von Infrastrukturen in regionalen Clustern entlang der Wasserstoffversorgungskette
- Zusammenarbeit der Teilnehmer, um künftige Kooperationen zu erleichtern und gemeinsam technische Standards zu entwickeln
So würden beispielsweise mehrere Teilnehmer des „Westdeutschen Clusters“ drei Elektrolyseure im Rhein-Ruhr-Gebiet bauen. Diese Wasserstoffinfrastruktur werde an drei verschiedene Pipelineprojekte angeschlossen und habe Zugang zu einer Speicheranlage. Bis Mitte 2027 werde der erzeugte erneuerbare Wasserstoff den Unternehmen der Stahl-, Zement-, Chemie- und Raffineriebranche sowie der Mobilitätsbranche zur Verfügung stehen. Dieser Cluster werde die CO2-Emissionen der Abnehmer erheblich reduzieren und habe eine grenzüberschreitende Dimension mit einer Pipeline, die an das nationale niederländische Wasserstoffnetz angeschlossen sei.
Importe fossiler Energieträger verringern
„Hy2Infra“ solle Europa auch dabei helfen, die Importe fossiler Brennstoffe zu verringern. So würden Unternehmen eine Hafeninfrastruktur in den Niederlanden entwickeln, die in der Lage sei, Wasserstofftransporte aus dem Ausland abzuwickeln. Diese stammen entweder aus anderen Mitgliedstaaten mit hohem Potenzial für erneuerbare Energien, wie Portugal, oder aus anderen Teilen der Welt.
Darüber hinaus umfasse die „Hy2Infra“ ein Offshore-Pipeline-Projekt in Deutschland für den Transport von erneuerbarem Wasserstoff, der in Windparks in der Nordsee erzeugt werde, sowie ein Pipelineprojekt durch die Slowakei, das den Weg für künftige Wasserstoffimporte aus der Ukraine ebne.
„Hy2Infra“ ergänzt das erste und zweite IPCEI zur Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Die Kommission genehmigte am 15. Juli 2022 das IPCEI „Hy2Tech“, das sich auf die Entwicklung von Wasserstofftechnologien für Endverbraucher konzentriert. „Hy2Use“ wurde am 21. September 2022 genehmigt und umfasst Wasserstoffanwendungen im Industriesektor. „Hy2Infra“ betrifft Infrastrukturinvestitionen, die nicht von den ersten beiden IPCEI abgedeckt werden.
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Die EU-Kommission genehmigt mit „Hy2Infra“ das dritte Wasserstoff-IPCEI. © Europäische Kommission