(Berlin) – Das Bundeskabinett hat das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegte „Solarpaket“ beschlossen. Das Gesetz will Bürokratie beim Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen abbauen und somit den Zubau beschleunigen. Ab 2026 sollen jährlich Solarsysteme mit kumuliert 22 Gigawatt installiert werden; im letzten Jahr waren es 7,5 Gigawatt. Ziel ist – gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – der Zubau auf eine kumulierte Leistung von 215 Gigawatt bis 2030. Einige Schwerpunkte des Solarpakets:
- Balkon-PV Die Anmeldung von Balkon-PV-Anlagen beim Netzbetreiber soll entfallen und im Marktstammdatenregister auf wenige einzugebende Daten beschränkt werden. Bis zur Installation eines geeichten Zweirichtungszählers werden rückwärtsdrehende Zähler geduldet. Ziel sei es auch, Balkon-PV mit dem Schukostecker zu ermöglichen. Eine technische Normen werde derzeit überarbeitet.
- Gewerbeanlagen Bisher sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt zur Direktvermarktung verpflichtet. Anlagenbetreiber, die der Direktvermarktungspflicht unterliegen, können künftig ihre Überschussmengen an den Netzbetreiber weitergeben – zwar ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten. Damit wird vermieden, dass Anlagebetreiber weiterhin ihre Anlage trotz höherer Dachkapazität auf weniger als 100 Kilowatt begrenzen, obwohl sie unter Umständen einen höheren Ertrag zum Eigenverbrauch nutzen könnten. Ein Anlagenzertifikat soll künftig erst ab einer installierten Leistung von mehr als 500 Kilowatt erforderlich sein.
- Gemeinschaftsversorgung Ein neues Modell soll eine bürokratiearme Lieferung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes ermöglichen. Die Weitergabe von Solarstrom an Mieter oder Wohnungseigentümer soll weitestgehend von Lieferantenpflichten ausgenommen werden und die Anlagenbetreiber insbesondere von der Pflicht zur Reststromlieferung befreien. Die Überschusseinspeisung in das Netz wird nach dem EEG vergütet.
- Mieterstrom Der Mieterstrom wird in Zukunft auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert, solange der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt. Durch eine Vereinfachung in den Regeln zur Anlagenzusammenfassung werden unverhältnismäßige technische Anforderungen vermieden.
- Repowering Für Dachanlagen werden die Regelungen für umfangreiche Erneuerungen von bestehenden Anlagen deutlich verbessert, um etwa den Einsatz von effizienteren Modulen unabhängig von dem Vorliegen eines Schadens zu ermöglichen.
Die Förderung von Freiflächenanlagen soll künftig grundsätzlich auch in benachteiligten Gebieten möglich sein, die bislang für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurden. Gleichzeitig werde eine klare Obergrenze definiert: Wenn ein Anteil von einem Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in einem Bundesland bereits mit Solaranlagen belegt ist, kann das Land diese Flächen für weitere Anlagen wieder schließen.
Besonderen PV-Anlagen
Für „besondere Solaranlagen“, welche eine effiziente Doppelnutzung von Flächen ermöglichen wie Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV, wird bei Ausschreibungen ein eigenes Untersegment mit einem eigenen Höchstwert eingeführt. Um den Naturschutz zu stärken, gibt es die neue Kategorie „Biodiversitäts-PV“; bei Agri-PV-Anlagen werden Maßnahmen zum Naturschutz besonders gefördert.
Der Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wird auf ein Maximum von 80 Gigawatt bis 2030 beschränkt. Mindestens 50 Prozent der neuen Solaranlagen sollen auf, an oder in Gebäuden oder Lärmschutzwänden errichtet werden.
Zur Verlegung von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen müssen bislang mit jedem Grundstückseigentümer Gestattungsverträge ausgehandelt werden, was zu erheblichen Verzögerungen führte. Mit dem Solarpaket wird ein Recht zur Verlegung der Kabel auf Grundstücken sowie Verkehrswegen eingeführt.
Solarbranche begrüßt das Vorhaben
Die Solarbranche begrüßt den Gesetzentwurf zum „Solarpaket I“. Er enthalte „ein ganzes Bündel an Maßnahmen zum Abbau von Marktbarrieren und werde den Ausbau der Solartechnik an vielen Stellen vereinfachen, ist der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW) überzeugt. Viele Anregungen aus der Bürger- und Unternehmerschaft seien aufgegriffen worden. „Von der vorgesehenen Bürokratie-Abrüstung werden private und gewerbliche Photovoltaikinvestoren und der Klimaschutz gleichermaßen profitieren“, sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Die Vereinfachungen „für nahezu alle PV-Marktsegmente“ seien ein „großer Schritt ins Solarzeitalter“.
Allerdings müsse der Photovoltaikzubau insbesondere auch auf Gewerbebauten stärker beschleunigt werden. Hier wirkten sich stark gestiegene Kapitalkosten bremsend auf die Nachfrage aus. Der Gesetzgeber solle gestiegenen Kapital- und Arbeitskosten künftig bei der Gewährung von Marktprämien einpreisen, so der BSW; sprich: diese erhöhen. Überdies seien PV-Systeme aus europäischer Fertigung gezielt zu fördern, um „Standort- und Skalierungsnachteile im harten Wettbewerb mit Asien und Amerika auszugleichen und die Importabhängigkeit zu verringern“.
Sämtliche Maßnahmen des BMWK basieren auf einem im März mit dem bundesweiten ersten „PV-Gipfel“ begonnenen Verfahren. Daraufhin erarbeiteten das BMWK, die Solarbranche, die Bundesländer und die Bundestagsfraktionen eine „PV-Strategie“, die nun in den Gesetzentwurf mündete. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren startet im September.
Auf der Website des BMWK findet man ein „Überblickspapier Solarpaket“.
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Bürokratie abbauen, Installation erleichtern: Das jetzt vom Bundeskabinett verabschiedete „Solarpaket 1“ soll den Zubau von Solarstromanlagen in allen Segmenten beschleunigen. © SMA Solar Technology AG