(Berlin / Deutschland) – Namibia ist im Bereich Wasserstoff-, Chemie- und Energietechnologien derzeit nahezu vollständig importabhängig. Gleichzeitig bestehe ein erheblicher Mangel an lokalem Know-how in der Planung, Umsetzung und dem Betrieb von Wasserstoffinfrastruktur, so die Autoren der Zielmarktanalyse der Exportinitiative Energie des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWE).

Namibia ist offen für ausländische Investoren und Know-how. © Exportinitiative Energie des BMWE
Für deutsche Anbieter eröffneten sich daraus „Geschäftsmöglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ von Wasserstoff- und PtX-Projekten. Dies betreffe insbesondere die Lieferung von Schlüsseltechnologien und Komponenten, aber auch die technische Planung und Projektentwicklung sowie spezialisierte Dienstleistungen in der Aus- und Weiterbildung lokaler Fachkräfte. „Die frühe Marktphase ermöglicht dabei die Positionierung deutscher Unternehmen als Partner für langfristige Projektentwicklung und Standardsetzung.“
Know-how bei Windkraft und Speichern gefragt
Die Umsetzung der geplanten Wasserstoff- und PtX-Projekte erfordere „einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine leistungsfähige Strominfrastruktur“. Namibia habe eine lokale Branche für erneuerbare Energien, die über fundiertes Know-how verfüge, um auch großflächige PV-Projekte technisch umzusetzen. Im Bereich der Windenergie hingegen seien Kenntnisse und Erfahrungen bislang nur in begrenztem Umfang vorhanden. Auch bei den Speichern steige die Nachfrage. Die Exportorientierung der Wasserstoffwirtschaft mache zudem den Ausbau von Hafeninfrastruktur, Pipelines und Transportlösungen notwendig.
Im Rahmen der Umsetzung von Wasserstoffprojekten könnten namibische Unternehmen insbesondere in den Bereichen Logistik, Stahl- und Industriebau sowie ingenieurtechnischer Planung relevante Beiträge leisten. Demgegenüber bestünden bislang nur begrenzte Erfahrungen im Bereich der Planung und Errichtung chemisch-industrieller Anlagen.
Firmengründung unkompliziert
Von internationaler Seite seien gegenwärtig vor allem Akteure aus Europa in Namibia aktiv. Die Firmen engagierten sich in den öffentlich geförderten Pilotprojekten oder entwickelten eigene kommerzielle Wasserstoffvorhaben. Unternehmen genössen in Namibia grundsätzlich volle Freiheit bei der Wahl ihrer Partner. Ausländische Investoren könnten ohne besondere Voraussetzungen Unternehmen gründen, was „vergleichsweise unkompliziert“ sei. Namibische und ausländische Unternehmen würden rechtlich gleichgestellt. Das Land biete generell ein investitionsfreundliches Geschäftsklima mit geringen politischen und makroökonomischen Risiken. Die demokratischen Strukturen seien gefestigt und die Justiz arbeite unabhängig.
Ausländische Investoren seien ausdrücklich willkommen und dürften grundsätzlich in allen Wirtschaftsbereichen tätig werden. Seit 2005 bestehe ein Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und Namibia. Um in den Markt einzutreten, sollten Investoren die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen.
- Kontakte: Aufbau und Pflege von persönlichen Netzwerken und zu Projektentwicklern, etwa durch Teilnahme an Fachveranstaltungen sowie Delegationsreisen; nicht auf Ausschreibungen warten.
- Präsenz vor Ort: Partnerschaften mit lokalen Unternehmen, Kooperationen und Joint Ventures suchen, auch um von lokalem Know-how und Netzwerken zu profitieren.
- Vertrieb: sollte über lokale Vertreter oder etablierte Händler erfolgen, eine Bearbeitung aus der Distanz sei wenig erfolgsversprechend.
Rechtliche Beratung: sollte bei komplexen Themen wie etwa Landnutzung und Firmenbeteiligung in Anspruch genommen werden, da das namibische Rechtssystem in großen Teilen auf britischem Richterrecht (Case Law) basiere. - Förderprogramme: Im Bereich Wasserstoff und PtX gebe es zahlreiche Förder- und Finanzierungsprogramme, die bei der Umsetzung erster Projekte hilfreich sein können.
- Teilhabe: Die Einbindung lokaler Akteure und Gemeinschaften sei wichtig, insbesondere die wirtschaftliche Beteiligung der vor der Unabhängigkeit benachteiligten Bevölkerungsgruppen.
Die Entwicklung von Wasserstoffprojekten auf privatem Land könne initiativ durch in- und ausländische Unternehmen erfolgen. Für Projekte auf staatlichen Flächen sei eine Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen erforderlich.
Wasserstoffkosten unter zwei Euro
Wasserstoff könne bei der Versorgung durch Wind- und Soiarstrom gegenwärtig zu Kosten von 1,94 bis 2,27 US-Dollar (1,66 bis 1,95 Euro) pro Kilogramm hergestellt werden. Prognostiziert werden deutliche Kostensenkungen auf 0,8 bis 0,9 Dollar bis zum Jahr 2050. Namibias Potenzial für die Nutzung insbesondere von Solarenergie sei „aufgrund der klimatischen Verhältnisse nahezu perfekt“, heißt es in der Studie. Der jährliche PV-Ertrag liege bei 1.800 bis 2.100 Kilowattstunden pro Kilowatt installierter Leistung. Die Gestehungskosten für PV-Strom lägen bei 28 bis 35 US-Dollar pro Megawattstunde. Strom aus küstennaher Onshore-Windkraft bei unter 30 Dollar.
Die SWOT-Analyse (Strengths, Weakness, Opportunities, Threats) für grünen Wasserstoff und erneuerbare Energien in Namibia nennt unter anderem als Stärken
- großes technisches Potenzial für günstige erneuerbare Energien
- ausreichend Landfläche
- stabile politische Lage
- wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen
- gute Reputation deutscher Unternehmen
Als Schwächen und Risiken gelten unter anderem
- kaum entwickelter regulativer Rahmen für Wasserstoffwirtschaft
- noch kein lokaler Markt für grünen Wasserstoff
- kaum entwickelte Exportinfrastruktur für Wasserstoffwirtschaft
- unzureichende Übertragungsnetzkapazitäten für erneuerbare Energien
- eingeschränkte Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung
- Fachkräftemangel
Die namibische Regierung will „führender Exporteur von grünem Wasserstoff in Afrika“ mit einer Jahresproduktion von zehn bis 15 Millionen Tonnen werden. Zur Wirtschaftsförderung wurde im Jahr 2021 ein Nationaler Rat für Grünen Wasserstoff gegründet und es wurden internationale Partnerschaften geschlossen, unter anderem mit Deutschland.
Die Zielmarktanalyse „Namibia – Dekarbonisierung der Industrie mittels erneuerbarer Energien und grünem Wasserstoff“ gibt es kostenfrei als PDF (Deutsch, 28 Seiten). Herausgeberin ist die Deutsche Industrie- und Handelskammer für das Südliche Afrika.
Wir stellen die Länderanalysen für Wasserstoffmärkte der Exportinitiative Energie des BMWE in lockerer Folge vor. Bisher erschienen: Norwegen; Großbritannien; Vietnam; Jordanien; Kanada; Südafrika.
Foto oben
Die namibische Regierung hat Hyphen Hydrogen Energy Pty Ltd., an dem das deutsche Energieunternehmen Enertrag SE beteiligt ist, mit der Umsetzung eines Vorhabens beauftragt, bei dem im Endausbau jährlich zwei Millionen Tonnen grünes Ammoniak mittels Wasserstoff produziert werden sollen. © Hyphen Hydrogen Energy Ltd.




