(Essen / Deutschland) – Der Essener Energiekonzern RWE AG will am Niederrhein ein wasserstofffähiges Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) bauen. Die Leistung wird mit 850 Megawatt angegeben. Die geplante Anlage auf dem Gelände des einstigen Steinkohlekraftwerks in Voerde (Nordrhein-Westfalen) sei „wichtig, um die Versorgungssicherheit in Deutschland dauerhaft zu gewährleisten“, heißt es in einer Mitteilung. Überdies trage es zum Gelingen des Kohleausstiegs bei. Der Standort nördlich von Duisburg befindet sich direkt an der künftigen Leitung des Wasserstoffkernnetzes. Das Grundstück verfügt über eine ausgebaute Infrastruktur.

Im Dezember 2023 wurde der 165 Meter hohe Kühlturm des 2017 stillgelegten Steinkohlekraftwerks gesprengt. © RWE
Völlig neu ist das Vorhaben nicht, die Nachnutzung des Standortes ist bereits seit einigen Jahren anvisiert. Das Steinkohlekraftwerk wurde dort Anfang der 70er-Jahre errichtet und im Sommer 2017 stillgelegt. Seither laufen die Planungen für den Rückbau. 2023 begann der Abriss. Seinerzeit wurde der Bau des Gaskraftwerks bereits ins Spiel gebracht, allerdings auch die Installation eines Elektrolyseurs mit einer Leistung von 400 Megawatt angedacht. Im Dezember 2023 wurde der 165 Meter hohe Kühlturm gesprengt.
RWE hat mit der Planung und dem Bau des wasserstofffähigen Gaskraftwerks im Jahr 2024 ein amerikanisch-spanisches Konsortium aus GE Vernova und Tecnicas Reunidas beauftragt, das die Genehmigungsplanung konkretisiert. Nach aktueller Planung soll die Anlage in Voerde 2030 die Stromproduktion aufnehmen. Sie sei mit der Inbetriebnahme in der Lage, mindestens 50 Prozent Wasserstoff zu nutzen und könne später auf den vollständigen Betrieb mit diesem Energieträger umgestellt werden. Von dem Elektrolyseur ist aktuell allerdings keine Rede mehr.
Wirtschaftsministerium hinkt hinterher
Was fehlt: die von der Bundesregierung schon seit Monaten angekündigte Kraftwerkstrategie nebst Regulierungsrahmen für die Ausschreibung von wasserstofffähigen Gaskraftwerken. Bis zu 20 Gigawatt Leistung sollen bis 2030 gefördert werden, mithin etwa 40 neu zu bauende oder zu modernisierende Kraftwerke der 500-Megawatt-Klasse. Die Vorgängerregierung wollte 12,5 Gigawatt plus 500 Megawatt Langzeitspeicher sowie zwei Gigawatt zur Modernisierung bestehender Gaskraftwerke zur Wasserstoffnutzung. Kraftwerke mit 500 Megawatt Leistung sollten bereits bei der Errichtung mit 100 Prozent Wasserstoff laufen.
RWE werde an den Ausschreibungen der Bundesregierung zwar teilnehmen und „zügig nach einem Zuschlag mit dem Bau der Anlage“ beginnen. Stadt und Region würden durch sichere Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung profitieren – doch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche kommt mit der Kraftwerksplanung nicht voran, im Gegenteil: „Der mögliche Zubau von Gaskraftwerken in Deutschland droht an der EU-Wettbewerbsaufsicht zu scheitern“, berichtete dieser Tage die „Tagesschau“. In Brüssel werde nur noch über neue Kapazitäten in Höhe von 12 bis 12,5 Gigawatt statt der geplanten 20 Gigawatt verhandelt. Zu Ausschreibungen werde es wohl in diesem Jahr nicht mehr kommen, so der Bericht.
400-Megawatt-Batteriespeicher in Bayern

Am 29. Oktober begann auf dem Gelände des vormaligen AKW in Gundremmingen mit dem obligatorischen Spatenstich der Bau eines großen Batteriespeichers (v.l.): Nikolaus Valerius (CEO RWE Generation SE), Markus Söder (Bayerischer Ministerpräsident), Markus Krebber (CEO RWE AG), Hans Reichhart (Landrat Landkreis Günzburg), Tobias Bühler (Bürgermeister Gemeinde Gundremmingen). © RWE
Allerdings hat RWE noch andere Pfeile im Köcher. So wurden erst vor wenigen Tagen die 160 Meter hohen Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks Gundremmingen in Bayern gesprengt. Am Mittwoch begann auf dem Gelände im Beisein von Politprominenz mit dem symbolischen Spatenstich der Bau des RWE-Angaben zufolge „derzeit größten Batteriespeichers Deutschlands.“ Die Anlage hat dereinst eine Leistung von 400 Megawatt (MW) und verfügt über eine Speicherkapazität von 700 Megawattstunden. Damit könne Strom für zwei Stunden bereitgestellt werden.

Visualisierung des künftigen Energiestandortes Gundremmingen. © RWE
Die mehr als 200 Container mit rund 850.000 Lithium-Eisenphosphat-Batteriezellen würden in den nächsten Monaten installiert, außerdem mehr als 100 Wechselrichter. Das System nutze den bestehenden Netzanschluss des sich im Rückbau befindenden AKW und könne innerhalb von Millisekunden dazu beitragen, das Stromnetz zu stabilisieren. Für den Bau investiert RWE rund 230 Millionen Euro. Der Speicher soll Anfang 2028 den kommerziellen Betrieb aufnehmen.
Überdies ist auf einer Fläche von 55 Hektar ein Solarpark geplant, außerdem wie in Voerde ebenfalls ein Gaskraftwerk; auch hier dürfte das gleiche Problem bestehen: Das Wirtschaftsministerium ist zu langsam.
RWE betreibt eigenen Angaben zufolge Batteriespeichersysteme in den USA, in Europa und Australien mit einer Gesamtleistung von rund 1,2 Gigawatt, weitere rund 2,7 Gigawatt seien im Bau.
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Grafische Darstellung des geplanten Gaskraftwerks in Voerde. © RWE Generation SE




