(Berlin) – In der EU steht die Umrüstung von Pipelines unmittelbar bevor: Statt Erdgas wird innerhalb der nächsten Jahrzehnte zunehmend Wasserstoff in den Rohren transportiert. Die Nachfrage der Schwerindustrie und Konzerne wird allein innerhalb der 27 EU-Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2050 rund 270 Terawattstunden betragen. Etwa die Hälfte davon fällt in der Stahlproduktion an.

Vier Korridore als Ausgangspunkte

Eine neue Studie von Agora Energiewende benennt vier Industriezentren in Europa, von wo aus der Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur seinen Ausgang nehmen könnte. Ausschlaggebend für die Eignung seien im Wesentlichen der günstige Zugang zu Strom aus erneuerbaren Energien, etwa aus Solarkraftwerken und Offshore-Windkraftanlagen. Hinzu kommt laut Agora „die unabdingbare Wasserstoffnachfrage aus Industriewerken im Jahr 2030 und 2050“. Daraus ließen sich Standorte insbesondere im sonnenreichen Spanien und Südosteuropa ableiten, außerdem in Küstennähe zwischen Frankreich, Niederlande und Deutschland sowie Osteuropa.

Der Report befasst sich vorrangig mit fünf energieintensiven Prozessen: Ammoniak-Produktion, Methanol-Herstellung, Eisenerzreduktion in der Stahlindustrie, Herstellung von Petrochemikalien für Kunststoffe und Kraftstoffe unter Verwendung von Wasserstoff sowie das Recycling von Kunststoffen. Für jeden Prozess haben die Autoren die Wasserstoffnachfrage untersucht.

Umrüstung muss dem Bedarf folgen

„Die Umrüstung des europäischen Gasnetzes auf Wasserstoff sollte sich entlang des unabdingbaren Bedarfs orientieren“, sagt Frank Peter, Leiter Industrie bei Agora Energiewende. Eine kluge Planung gehe von den Bereichen aus, in denen Wasserstoff sich heute schon als Technologie abzeichne. Dazu gehören Stahl-, Ammoniak- und Chemiewerke. „Andernfalls bestehe die Gefahr ein überdimensioniertes Wasserstoffnetz zu schaffen, das die Kosten in die Höhe treibt.“

Die Analyse beleuchtet insbesondere den Wasserstoffbedarf zur Dekarbonisierung spezifischer Industriesektoren („Mindestbedarf an Wasserstoffbedarf“), außerdem die potenziellen Wasserstoffproduktionsmengen, die benötigt werden, um den Mindestbedarf zu decken, und schließlich die Möglichkeiten zum Aufbau eines Wasserstoff-Versorgungssystem zur Unterstützung der europäischen Wirtschaft unabhängig vom tatsächlichen Pfad der Dekarbonisierung.

Die Studie „No-regret hydrogen: Charting early steps for H₂ infrastructure in Europe” gibt es als Download auf Englisch kostenfrei als PDF (92 Seiten).

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https://www.agora-energiewende.de/presse/neuigkeiten-archiv/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=1809&cHash=983e9e8afa721ca05fea9d6bc67ef920
https://www.agora-energiewende.de/en/publications/no-regret-hydrogen/

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Energieintensives Recycling von Kunststoffen ist ein Fall für Wasserstoff © European Union / Dati Bendo
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Titelbild der Studie / © Agora Energiewende