(Neu Delhi / Indien) – Das indische Ministerium für neue und erneuerbare Energien (MNRE) hat zwei Förderprogramme für das im April angekündigte Vorhaben zur Unterstützung von Wasserstoff vorgestellt. Demnach soll es Mittel sowohl für die Herstellung von Elektrolyseuren als auch für die Wasserstoffproduktion geben.

1,95 Milliarden Euro für zwei Programme

Die Höhe beläuft sich auf insgesamt 174,9 Milliarden Rupien (1,95 Milliarden Euro). Davon sind 44,4 Milliarden Rupien (0,5 Milliarden Euro) als Anreiz für die Herstellung von Elektrolyseuren („Komponente I“) vorgesehen und 130 Milliarden Rupien (1,45 Milliarden Euro) für die Produktion von grünem Wasserstoff („Komponente II“). Die Durchführung erfolge zwischen den Fiskaljahren 2025-26 und 2029-30. Das indische Fiskaljahr beginnt am 1. April und endet am 31. März. Programmstart wäre demnach im April 2024.

Förderung der Herstellung von Elektrolyseuren

Im ersten Abschnitt („Komponente I“) will das Ministerium insbesondere

  • die Kapazität der Elektrolyseurfabriken im Land ausweiten
  • die Produktionskosten für Wasserstoff senken
  • die internationale Konkurrenzfähigkeit erhöhen und
  • die lokale Wertschöpfungskette steigern.

Um dies zu erreichen, gibt es über einen Zeitraum von fünf Jahren eine sukzessiv schrumpfende Förderung auf Basis der neu zu schaffenden Kapazität. So erhalten die Gewinner einer durchzuführenden Ausschreibung im ersten Jahr noch 4.440 Rupien (49,63 Euro) pro installiertem Kilowatt. Die Summe sinkt jährlich bis auf 1.480 Rupien (16,54 Euro) pro Kilowatt im fünften Förderjahr.

Unternehmen, die sich daran beteiligen, müssen allerdings auch Berechnungen zum spezifischen Energieeinsatz vorlegen. Erlaubt sind maximal 56 Kilowattstunden pro Kilogramm erzeugten Wasserstoffs. Außerdem sind Angaben zur lokalen Wertschöpfungskette erforderlich. Hinzu kommen Vorgaben zur Größe der Unternehmen oder Konsortien. Wer den Zuschlag erhält, muss außerdem mindestens 50 Prozent des jährlichen Umsatzes mit Elektrolyseuren in Indien nachweisen. Erst aus der Summe aller Einzelfaktoren wird ermittelt, ob sich die Bewerber für einen Zuschlag qualifizieren.

In der ersten Ausschreibungsrunde wird das MNRE Gebote für 1.500 Megawatt (MW) Elektrolyseurleistung einholen, davon entfallen 1.200 MW auf eine „beliebige Stack-Technologie“ und 300 MW auf Elektrolyseur-Herstellungskapazitäten, die auf einer im Inland entwickelten Technologie basiert. Zugeteilt werden mindestens 100 MW und höchstens 300 MW pro Bieter.

Förderung der Wasserstoffproduktion

Das zweite Programm soll dazu dienen, die Produktion von grünem Wasserstoff und seiner Derivate in Indien zu steigern und zugleich zum Aufbau großvolumiger Produktionsstätten animieren, um eine Kostenparität gegenüber fossilen Energieträgern zu erreichen. Auch hierbei müssen Bieter eine Reihe von Kriterien erfüllen, um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen.

Im Rahmen des Programms wird über einen Produktionszeitraum von drei Jahren ein direkter Anreiz mit einer Höchstgrenze von 50, 40 sowie 30 Rupien (0,56 Euro, 0,45 Euro sowie 0,34 Euro) pro Kilogramm Wasserstoff gewährt. Vergleichbar mit dem üblichen Ausschreibungsmodus für andere Technologien, etwa für Photovoltaikraftwerke, kommen zunächst die Interessenten zum Zuge, welche die geringsten Kosten geltend machen und damit den „niedrigsten durchschnittlichen Zuschuss“ bemessen an dem Dreijahreszeitraum fordern.

In der Anfangsphase werden Gebote für Produktionskapazitäten in zwei Kategorien eingeholt: technologieunabhängige sowie auf Biomasse basierende. Bei der ersten Kategorie steht ein zu förderndes Ausschreibungsvolumen von 410.000 Tonnen pro Jahr zur Verfügung, bei der zweiten sind es 40.000 Tonnen.

Bei den technologieunabhängigen Kategorie müssen Interessenten für eine Jahresproduktionsmenge von mindestens 10.000 Tonnen bieten und können den Zuschlag für maximal 90.000 Tonnen pro Jahr erhalten. Bei der Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse liegt das Mindestvolumen bei 500 Tonnen pro Jahr und die Gesamtmenge bei maximal 4.000 Tonnen pro Bieter.

Handelt es sich bei dem Endprodukt um ein Derivat von grünem Wasserstoff, etwa grünes Ammoniak, werden Anreize auf der Grundlage der Menge an grünem Wasserstoff gewährt, die für die Herstellung des Derivats verwendet wurde. Als Faktor hat das MNRE festgelegt: Ein Kilogramm Ammoniak entspricht 0,1765 Kilogramm Wasserstoff.

Die National Green Hydrogen Mission soll das Land zu einem weltweit führenden Hersteller und Lieferanten von grünem Wasserstoff machen (PDF, 28 Seiten). © India Gov

Die jetzt veröffentlichten Richtlinien werden vom MNRE über die Solar Energy Corporation of India (SECI) umgesetzt. Sie sind Teil des Programms „SIGHT“ (Strategic Interventions for Green Hydrogen Transition) im Rahmen der im Januar publizierten „National Green Hydrogen Mission“. Darin hat die Regierung festgelegt, dass bis 2030 Kapazitäten zur Produktion von jährlich fünf Millionen Tonnen grünem Wasserstoff zur Nutzung im eigenen Land aufgebaut werden. Potenziell sollen es zehn Millionen Tonnen werden, um auch die Exportmärkte zu beliefern.

Bundesstaaten rüsten sich ebenfalls

Neben der Zentralregierung in Delhi arbeiten auch bereits Bundesstaaten wie Gujarat, Rajasthan, Uttar Pradesh, Odisha und Tamil Nadu an Strategien für die Entwicklung grüner Wasserstoffzentren, weiß das US-amerikanische Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA).

Demnach ziele etwa Gujarat darauf ab, jährlich drei Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. Odisha plant den Aufbau eines Wasserstoffzentrums im Hafen von Paradip, das in der Lage ist, grünen Wasserstoff zu produzieren, zu speichern und zu exportieren.

60 Milliarden Euro für den Aufbau von Lieferketten

Öffentliche und private Unternehmen initiierten ebenfalls Pilotprojekte für grünen Wasserstoff und Ammoniak. Dazu gehören laut IEEFA die Konzerne Oil India, National Thermal Power Corporation (NTPC), Gujarat Gas, ACME Cleantech Ventures, Larsen & Toubro sowie Tata Steel. Reliance Industries habe zudem angekündigt, in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren fünf Billionen Rupien (etwa 60 Milliarden Euro) in die Entwicklung der Lieferkette für grünen Wasserstoff zu investieren.

Obwohl die Verwendung von Wasserstoff in industriellen Anwendungen an und für sich nicht neu ist, erfordere die Herstellung von explizit grünem Wasserstoff und die Ausweitung seiner Anwendung in verschiedenen Industriezweigen neue Strategien und Infrastrukturen, schreibt Energie-Analyst Charith Konda von IEEFA India in einem Beitrag. Dies führe zu einigen Herausforderungen, die Indien beim Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie bewältigen müsse.

Eine der wichtigsten Lücken in der indischen Strategie für grünen Wasserstoff seien unsichere Abnahmevereinbarungen, „was zu geringeren Investitionen und höheren Finanzierungskosten führt“, so Konda. „Die Unternehmen zögern, in großem Umfang in grünen Wasserstoff zu investieren, ohne ihre potenziellen Kunden zu kennen.“

Zudem sei das Fehlen einer weltweit einheitlichen Definition von grünem Wasserstoff in nahezu allen Ländern und Regionen eine weitere große Herausforderung. Da Wasserstoff eine globale Ware sei, könnten die unterschiedlichen Normen und Vorschriften den internationalen Handel einschränken.

Kosten für Erzeugung und Verteilung müssen sinken

Außerdem seien die prognostizierten Produktionskosten für grünen Wasserstoff derzeit doppelt so hoch wie die für konventionell hergestellten. Bei grauem Wasserstoff entfielen etwa 51 Prozent der Kosten auf Investitionen und den laufenden Betrieb der Anlage, während die restlichen Kosten auf Energie entfallen – zum Beispiel für Erdgas. Bei grünem Wasserstoff machen die Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und die Übertragung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern den Großteil von rund 70 Prozent der Gesamtkosten aus. Charith Konda: „Um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen, müssen daher sowohl die Kapitalkosten als auch – was noch wichtiger ist –, die Kosten für die Erzeugung und Verteilung erneuerbarer Energie gesenkt werden.“

Der Analyst rät, Indien solle „eine solide Zertifizierung für grünen Wasserstoff entwickeln, die international abgestimmt und anerkannt ist, um die grüne Wasserstoffindustrie aufzubauen“. Die Entwicklung von Normen und Vorschriften würden „nicht nur das Vertrauen internationaler Investoren stärken, sondern auch indischen Herstellern den Zugang zu Exportmärkten erleichtern“.

Investitionen von 97 Milliarden Euro erforderlich

Insgesamt schätzt die indische Zentralregierung, dass Investitionen von rund acht Billionen Rupien (etwa 97 Milliarden Euro) erforderlich sind, um bis 2030 das in der „National Green Hydrogen Mission“ festgelegte Ziel einer Jahresproduktion von fünf Millionen Tonnen zu erreichen. Hinzu komme eine zu installierende Leistung erneuerbarer Energien von 125 Gigawatt. Damit ließen sich dann allerdings auch jährlich 50 Millionen Tonnen CO2 einsparen, heißt es in einer im Januar verbreiteten Stellungnahme des Ministeriums für neue und erneuerbare Energien.

Förderprogramme des MNRE:
„Strategic Interventions for Green Hydrogen Transition (SIGHT) Programm – Component I: Incentive Scheme for Electrolyser Manufacturing“ (PDF, zehn Seiten)

„Strategic Interventions for Green Hydrogen Transition (SIGHT) Programm – Component II: Incentive Scheme for Green Hydrogen Production“ (PDF, acht Seiten)

Foto
Photovoltaikkraftwerk „Bathinda“ in Punjab mit 100 Megawatt Leistung, installiert von Adani Solar, einem der größten indischen Projektentwickler. Die Umsetzung der Ziele Indiens zur Produktion von grünem Wasserstoff erfordert Erneuerbare-Energien-Kraftwerke mit einer Leistung von 125 Gigawatt.  © Adani Group