(Rotterdam / Niederlande) – Der Hafen von Rotterdam zieht eine Reihe von Firmen an, die dort Importterminals für grünes Ammoniak und grünen Wasserstoff errichten oder massiv erweitern wollen. Die jüngste Ankündigung kommt vom US-Hersteller von Industriegasen Air Products and Chemicals Inc. und Gunvor Petroleum Rotterdam (GPR), eine Tochtergesellschaft des zyprischen Rohstoffhändlers Gunvor Group.

Die Unternehmen wollen den Angaben zufolge voraussichtlich 2026 einen Importterminal für grünen Wasserstoff in Betrieb nehmen. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung sei nunmehr unterzeichnet worden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur „Reuters“ handele es sich dabei indes noch nicht um eine finale Investitionsentscheidung.

Beitrag zu den EU-Zielen der Energiewende

Für die Herstellung von grünem Wasserstoff – ein Schlüssel für die Energiewende – werde „eine beträchtliche Menge an erneuerbarer Energie benötigt“, erklärt Air Products. Es sei „unwahrscheinlich, dass Europa in der Lage ist, diese Mengen vor Ort zu produzieren, sodass Importe von grünem Wasserstoff in großem Maßstab unerlässlich“ seien. Mit diesem Projekt würden die Niederlande „einen führenden Beitrag zu den EU-Zielen der Energiewende leisten“.

Die Zertifizierung des grünen Wasserstoffs sei erforderlich, um sicherzustellen, dass der in Form von grünem Ammoniak transportierte Energieträger anerkannt und auf die EU-Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werde. Um finanzielle Unterstützung einzuwerben, strebe man die Anerkennung als „Wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse“ (Important Projects of Common European Interest, IPCEI) an. Ein „IPCEI“ ist ein transnationales Vorhaben, das mittels staatlicher Förderung einen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und Wirtschaft leistet. Die Partner müssen sich in jedem Fall mit einem erheblichen Eigenanteil beteiligen.

Rotterdam als strategisch wichtiger Standort

Der Gunvor-Standort in Europoort Rotterdam ist einer von mehreren europäischen Standorten, die Air Products für die Entwicklung eines Importterminals für grünen Wasserstoff ins Auge gefasst hat. Er biete einen strategischen Zugang für Ammoniak aus großen Produktionsanlagen, die von Air Products und seinen Partnern in aller Welt betrieben werden. Das grüne Ammoniak wird in Wasserstoff umgewandelt und an Märkte in Europa verteilt, darunter die Niederlande, Deutschland und Belgien.

Tausende neue Arbeitsplätze möglich

Eine Analyse des Beratungsunternehmens CE Delft habe ergeben, dass das Projekt einen indirekten wirtschaftlichen Nutzen in Höhe von 260 bis 425 Millionen Euro erbringe, der „in den kommenden Jahren in Tausende neuer Arbeitsplätze“ münde. Die Einsparung von Kohlendioxid-Emissionen im Verkehrssektor in Verbindung mit der Verringerung anderer schädlicher Emissionen schaffe bis 2030 für die Umwelt einen Gesamtnutzen in Höhe von über 100 Millionen Euro. Die Pläne seien „ein hervorragendes Beispiel für die Nutzung einer Industriebrache zur Errichtung eines neuen Importterminals für umweltfreundliches Ammoniak im Rotterdamer Hafen“, freut sich dessen Geschäftsführer Allard Castelein. Grünes Ammoniak sei nicht nur ein Wasserstoffträger und ein Ausgangsstoff für die chemische Industrie, sondern auch ein wichtiger erneuerbarer Kraftstoff für die Schifffahrt. „Projekte wie dieses machen Rotterdam zu Europas wichtigstem Wasserstoff-Hub.“

Konsortien investieren in Rotterdam

Air Products und Gunvor sind allerdings nicht die ersten und nicht die einzigen Interessenten, die Ammoniak nach Rotterdam bringen wollen. So haben im April der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie, das Speicherunternehmen Vopak NV und HES International BV erklärt, dass sie ebenfalls bis 2026 ein entsprechendes Terminal an der Maasvlakte entwickeln würden; anfangs allerdings für blaues Ammoniak. Der Standort könne dann künftig auch an das Wasserstoffverteilnetz von Gasunie angebunden werden. Laut „Reuters“ wolle Gasunie über einen Zeitraum von sieben Jahren vier Milliarden Euro für die Entwicklung der niederländischen Wasserstoffinfrastruktur investieren.

Ebenfalls im April erklärten laut „Reuters“ der Hafenbetreiber und der auf Guernsey ansässige Händler von Energieprodukten Chariot Ltd, dass sie zusammenarbeiten würden, um Lieferketten für die Einfuhr von grünem Wasserstoff und Ammoniak aus Mauretanien nach Rotterdam einzurichten.

Und der Düngemittelhersteller OCI N.V. hat Mitte Juni eine Investitionsentscheidung für die erste Phase des Ausbaus seines Ammoniak-Importterminals getroffen. So werde zunächst der Durchsatz von derzeit rund 400.000 Tonnen auf 1,2 Millionen Tonnen erhöht. Die Gesamtinvestitionskosten werden auf rund 20 Millionen Dollar (19 Millionen Euro) geschätzt, die Fertigstellung wird für 2023 erwartet. In der zweiten Phase soll die Kapazität auf mehr als drei Millionen Tonnen pro Jahr steigen.

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APMT-Terminal im Rotterdamer Hafen. © Port of Rotterdam / Danny Cornelissen

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Allard Castelein, Geschäftsführer der Rotterdamer Hafenbetriebe. © Port of Rotterdam / Ernst Bode

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Pläne für das Importterminal für Ammoniak von Gasunie in Rotterdam. © Gasunie

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