(Duisburg) – Der Ölmulti BP und der Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel Europa AG wollen die Umstellung der Stahlherstellung auf erneuerbare Energien und kohlenstoffarmen Wasserstoff vorantreiben. Die Unternehmen prüfen eigenen Angaben zufolge „die Möglichkeiten einer Versorgung mit blauem und grünem Wasserstoff sowie mit Strom aus Wind- und Sonnenenergie in Form von Stromabnahmeverträgen“. Im Rahmen einer jetzt unterzeichneten Absichtserklärung beabsichtige man überdies, sich gemeinsam „für politische Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung von kohlenstoffarmem Wasserstoff und grünem Stahl in Europa einzusetzen“, was indes nicht näher konkretisiert wird.
Stahl verursacht acht bis elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, heißt es bei Thyssenkrupp Steel. Das Unternehmen selbst verursache rund 2,5 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland, hauptsächlich am Standort Duisburg. Hauptemittenden seien die dortigen kohlebetriebenen Hochöfen. Durch deren Umstellung auf Direktreduktionsanlagen, in denen Eisenerz mit kohlenstoffarmem Wasserstoff reduziert wird, beabsichtige Thyssenkrupp die Stahlherstellung „perspektivisch klimaneutral aufzustellen“. Das Unternehmen habe das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu produzieren. Kohlenstoffarmer Strom und Wasserstoff würden dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Stahl- und Energieindustrie traditionell verbunden
William Lin, Executive Vice President Regions, Cities and Solutions von BP, sieht traditionell enge Verbindungen zwischen der Stahl- und der Energieindustrie: „Wir liefern Treib- und Einsatzstoffe für die Stahlindustrie, und unsere Bohrinseln, Pipelines und Turbinen sind aus Stahl gefertigt.“ BP investiere bereits in ein Portfolio von Wasserstoffprojekten im industriellen Maßstab in Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Großbritannien und Australien. Das Unternehmen will die Produktion von grünem Wasserstoff vor allem in seinen Raffinerien in Lingen/Deutschland, Rotterdam/Niederlande und Castellón/Spanien vorantreiben.
Arnd Köfler, Chief Technology Officer von Thyssenkrupp Steel, sieht in der Vereinbarung einen „wichtigen Meilenstein für uns, um die Weichen für eine zuverlässige Energieversorgung in der Zukunft zu stellen“. Für die Dekarbonisierung der Stahlindustrie würden „enorme Mengen an kohlenstoffarmem und perspektivisch grünem Wasserstoff benötigt“. Dazu müsse in steigendem Maße Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt werden. „Dies kann nur durch eine gut ausgebaute Wasserstoffinfrastruktur mit einem überregionalen Pipelinenetz gewährleistet werden.“
Grüner Stahl ab 2025
Thyssenkrupp Steel produziert gegenwärtig elf Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr. Bis 2025 sollen 400.000 Tonnen CO2-reduzierter Stahl hergestellt werden. Der Konkurrent Salzgitter AG weist in seinem Geschäftsbericht 2021 ein Gesamtvolumen von gut 6,7 Millionen Tonnen aus. Der Konzern aus Niedersachsen arbeitet in seinem SALCOS genannten Vorhaben daran, künftig ebenfalls Rohstahl mittels grünen Wasserstoffs und Direktreduktion herzustellen. Als Produktionsstart wurde zuletzt „Ende 2025″ genannt.
Nach Angaben des Branchenverbandes Worldsteel Association sind 2021 weltweit 1,95 Milliarden Tonnen Stahl produziert worden, angeführt von China mit knapp 1,04 Milliarden Tonnen. Mit großem Abstand folgen Indien (118 Millionen Tonnen), Japan (96 Millionen Tonnen) und die USA (85 Millionen Tonnen). Die Produktion in Deutschland lag im vergangenen Jahr bei 40 Millionen Tonnen.
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Flachstahl von Thyssenkrupp Steel. © Thyssenkrupp Steel Europe AG
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Roheisenerzeugung und Abstichprozess am Hochofen von Thyssenkrupp in Duisburg. © Thyssenkrupp Steel Europe AG