(Aldbrough / Großbritannien) – SSE Thermal und Equinor entwickeln Pläne für einen der weltweit größten Wasserstoffspeicher in Aldbrough, East Yorkshire, an der britischen Ostküste. Die Anlage könnte bereits im Jahr 2028 kohlenstoffarmen Wasserstoff aufnehmen.

Der bestehende Erdgasspeicher, der dort 2011 in Betrieb genommen wurde, befindet sich im gemeinsamen Besitz beider Unternehmen und besteht aus neun unterirdischen Salzkavernen, von denen nach Angaben von SSE Thermal jede etwa so groß sei wie die Londoner St. Paul’s Cathedral (Anm.: Volumen rund 152.000 Kubikmeter). Um die Anlage für Wasserstoff zu ertüchtigen, müssten die bestehenden Kavernen umgerüstet oder neue gebaut werden. Die anfängliche Kapazität soll bei „mindestens 320 Gigawattstunden“ liegen – damit wäre der Speicher laut SSE „deutlich größer als alle heute in Betrieb befindlichen Wasserstoffspeicher auf der Welt“.

Equinor produziert blauen Wasserstoff für Wasserstoffkraftwerk

Equinor hatte bereits im Sommer 2020 angekündigt, in der Region Elektrolyseure mit einer Leistung von 1,8 Gigawatt (GW) zu entwickeln, um blauen Wasserstoff zu produzieren (hergestellt aus Erdgas in Kombination mit Kohlenstoffabscheidung und Offshore-Speicherung). Das Projekt mit dem Namen „Hydrogen to Humber Saltend“ (H2H Saltend) stehe am Anfang auf dem Weg, die Region am Fluss Humber – hinsichtlich der Emissionen die größte Industrieregion Großbritanniens – zu dekarbonisieren, so das Unternehmen seinerzeit. Als Standort ist wie berichtet der Chemiepark Saltend nahe der Stadt Hull vorgesehen, nur wenige Autominuten südwestlich von Aldbrough. In der ersten Phase soll ein 600 Megawatt leistender Auto-Thermo-Reformer (ATR) mit Kohlenstoffabscheidung gebaut werden; ein Verfahren, bei dem Synthesegas produziert wird, das aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid besteht. Die Anlage ermögliche es der dortigen Industrie, vollständig auf Wasserstoff umzusteigen, so Equinor.

Nach der Pilotphase soll noch vor Ende des Jahrzehnts eine 1,2-GW-Produktionsanlage zur Versorgung des Kraftwerks Keadby folgen, das von SSE Thermal und Equinor als das weltweit erste zu 100 Prozent mit Wasserstoff betriebene Kraftwerk geplant ist. Der Standort ist südwestlich von Hull am River Trent, einem Zufluss zum Humber.

Das Projekt von SSE Thermal und Equinor verbindet nach Unternehmensangaben Produktion, Speicherung und Nachfrage in der dortigen Industrieregion. Während die Anlage in Aldbrough zunächst den für Keadby produzierten Wasserstoff speichere, gehe deren Nutzen „weit über die Stromerzeugung hinaus“. Sie würde wachsende Wasserstoffambitionen in der gesamten Region stützen, das Potenzial für grünen Wasserstoff freisetzen und ab den späten 2020er Jahren einen wachsenden Abnehmermarkt auch mit Wärme versorgen.

Equinor will dann „H2H Saltend“ ausweiten mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß in der Industrieregion Humber bis 2040 auf null zu senken. Dazu solle ein groß angelegtes Netz für blauen und grünen Wasserstoff installiert werden, außerdem ein Netz für den Transport und die Speicherung der abgeschiedenen CO2-Emissionen.

Aldbrough Hydrogen Storage und die anderen Wasserstoffprojekte in der Region befänden sich allerdings in der Entwicklungsphase. Die endgültigen Investitionsentscheidungen hingen „vom Fortschritt der notwendigen Geschäftsmodelle und der zugehörigen Infrastruktur“ ab.

SSE Thermal ist die Tochtergesellschaft für thermische Stromerzeugung des Versorgers und Telekommunikationsunternehmens SSE Plc mit Sitz in England und Australien. Der mehrheitlich dem norwegischen Staat gehörende Öl- und Gaskonzern Equinor ASA entstand 2018 aus dem Zusammenschluss des Staatsunternehmens Statoil und den Erdgas- und Erdölaktivitäten von Norsk Hydro.

Grüner Strom vom Offshore-Windpark „Dogger Bank“

SSE und Equinor entwickeln im Rahmen eines Joint Ventures überdies gemeinsam den Offshore-Windpark „Dogger Bank“ auf der gleichnamigen unterseeischen Sandbank in der Nordsee am nordwestlichen Rand der Deutschen Bucht. Die Fertigstellung mit einer Gesamtleistung von 3,6 Gigawatt ist bis 2025 geplant.
Das Vorhaben besteht aus drei Bauabschnitten à 1,2 Gigawatt, an denen SSE Renewables, Equinor und der italienische Ölkonzern Eni Spa in wechselnden Konstellationen beteiligt sind. Ein viertes Cluster baut RWE („Sofia“, 1,4 GW). Der norwegische Ingenieurdienstleister Aibel AS erhielt von dem Konsortium im November 2019 den Bauauftrag für den in britischen Gewässern liegenden Teil des Windparks, dessen erster Bauabschnitt sich wiederum rund 130 Kilometer vor der Küste befindet und geografisch etwa auf Höhe East Yorkshire liegt.

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https://www.sse.com/news-and-views/2021/07/sse-and-equinor-developing-plans-for-world-leading-hydrogen-storage-facility-in-yorkshire/

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SSE und Equinor planen Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff in der Region Humber. / © SSE Thermal

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Lage des Windparks „Dogger Bank“ vor der Ostküste Großbritanniens © SSE Renewables